Reisen auf Polnisch

21Mai2018

Das tolle an Deutschland? Man ist umgeben von schönen Ländern, die man seine Nachbarn nennen darf. Auf meiner Liste fehlen nur noch sehr wenige: das kleine Luxemburg und Polen. Polen, nun ja, was soll ich sagen - vor der Abreise musste vor allem eins geschehen, der Abbau von Vorurteilen. Oma meinte nur, ich soll mich auf viel Suppe einstellen; der Kumpel ich soll das Rad zweimal abschließen. Gut, dass wir nicht mit dem Fahrrad unterwegs waren, sondern mit einem alten Gefährten namens Frank. Wobei ich gestehen muss, dass unsere Reisegruppe auch da Angst hatte, dass wir zwar heile, aber ohne Mercedes-Stern wieder zurückkommen. Mein Gedanke war eher: Falls wir tatsächlich liegenbleiben sollten, dürfte das kein Problem werden, weil es sicherlich genügend Werkstätten in den polnischen Hinterhöfen geben wird.

Beruhigt und eines Besseren belehrt kann aber gesagt werden, dass sich nur Letzteres bewahrheitet hat: Werkstätten und Schrottplätze en masse. Glücklicherweise mussten wir aber keine in Anspruch nehmen - wobei ich durchaus gerne mal ne´ Cola aus dem alten Automaten auf dem Schrottplatz gezogen hätte.

Was man den Polen aber wirklich lassen muss, die haben 1 A Internet. Halleluja. Da kann sich Brandenburg und Meck-Pomm aber mal nicht nur einen Empfangsbalken von abschneiden!

Beim Durchruckeln der polnischen Dörfer (das Stereotyp schlechte Straßen hat sich nur teils bewiesen – mit einem Bulldozer sollte man aber auf den meisten Strecken keine Probleme bekommen) könnte man oft das baden-württembergische Mantra zum Besten geben: Schön hier, aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg? Das Ganze wandelt sich aber Stück für Stück, wenn man sich dem Meer nähert. Der großen Ostsee, die ich bisher immer nur von „oben“ gesehen habe. Dann sieht man weit und breit nur noch Strand – auch hier quietscht er, so, wie es sein soll. Mehr Meer geht kaum, ist zwar schweinekalt, aber ein so großes Kneipbecken hat man auch nicht alle Tage und zum Beleben der Lebensgeister mehr als ausreichend. Zum Rumschlawinern und Seele spazieren führen sowieso. Das schafft es sowieso immer wieder, das Meer. Mich beruhigen und füttern, füttern mit Dingen, bei denen ich gar nicht wusste, dass ich Hunger darauf habe, ja, sogar Appetit!

Die Augen lässt man über weite Wälder wandern, alle paar Kilometer kommen Schranken und Stichstraßen, denen man erst folgen und sich dann verirren kann, verirren in saftigem Grün und ganz viel tanzendem Sonnenschein. Wir tanzen ebenfalls, zu Musik und Wind, bis vor an die Klippen, wo man gar nichts mehr zu sagen möchte, sondern einfach nur staunen und genießen kann.

Die Idylle wird ein wenig getrübt von gurrenden Tauben und Harakiri-Krähen. Um unseren Eis-Durst zu löschen, wandern wir zur Riviera von Międzyzdroje. Man könnte es auch die Waffel-Riviera nennen, allein beim dran denken wird mir schon wieder (positiv) schlecht. Der neuste Scheiß aus dem Churros-Business sind Bubble-Waffeln (etwa der Channing Tatum unter den Gebäckstücken: heiß und süß). Man könnte fast meinen, die Polen haben einen an der Waffel. Und zwar fast eins zu viel. Denen brennt wirklich das Waffeleisen. Die packen auf ihre Waffel nicht nur Sahne. Ne. Auch nicht nur noch Obst oder so, ne. Das kann ja jeder: Da geht das eher so, noch Eis und Früchte und Sahne und Oreo und Raffaello und M & M´s und Soße und Streusel und weil wir es eh schon an der Waffel haben auch noch eine Bärenwaffel oben drauf! SO sieht es nämlich aus! (Die Bärenwaffel ist der kleinen Pia leider in den Sand gefallen). Das Schlimme daran: Das kostet dann auch nur 17,42 Zloty (für die Kenner auch Schloddieh) was, wenn man die 4er-Reihe beherrscht, fast wieder gar nichts ist und für unglaublich viele Punkte auf dem Kalorienkonto sorgt – aber das füllen wir ja gerne. Nomnom.

Um auf die Harakiri-Krähen zurückzukommen: Als wir bewaffelt und beeist wieder an unseren Platz kommen, bekommen wir die Eisluke kaum wieder zu. Sowohl die noch geschlossene (!) Mandeltüte, als auch der (super deutsch) mit einem Klipp verschlossene Beutel mit Milchbrötchen wurde von den eifrig hackenden Krähen zerfetzt und bis auf den letzten Krümel verputzt und ins Nest geschleppt. Danke dafür (dachte sich sowohl die Anti-Milchbrötchen-Fraktion als auch die Pro-Milchbrötchen-Fraktion der Reisegruppe)! Da können sich die blöden Tauben, die auch am Strand nichts anderes können außer bescheuert rumrennen und mit dem Kopf widerlich wackeln, echt noch ne Scheibe abschneiden. Sonst gehört der Strand bald den Krähen! Oder den Elstern, wenn noch mehr Luxustouristen kommen, wie es den Baustellen nach den Anschein macht.

Auch sonst geht es super kulinarisch ab – auch wenn der polnische Lidl seine Produktpalette nicht sonderlich anders gestaltet als zu Hause, sind sie doch stylisher unterwegs als in Deutschland: mit Headset. Und auch sonst füttern wir nicht nur uns, sondern auch die Polen, und zwar mit Stereotypen über die Deutschen: Jede freie Sekunde mit der Bluetooth-Box durch die Gegend rennen, dicke Autos fahren (We love you, Frank) und auf Deutsch Grüßen, weil man es nicht besser weiß. Am Ende genauso wahr, wie dass sie immer alle Suppe essen, Räder klauen und damit auf ihren Buckelpisten herumfahren. Es bleibt dennoch eine schöne Vorstellung!

Polen, merci, für ein weiteres erstes Mal, für schöne Stunden und das Gefühl, man ist ganz wo anders und doch so daheim. Auch wenn letzteres wohl doch stark an den Leuten lag, mit denen ich unterwegs war!

Polnische Reisetipps:

  • bei fünf netten Mädels ist mit Rabatt bei der Kaution zu rechnen (bei „normal aussehenden“ Menschen laut Mieter wohl auch)
  • hast du Euro, hast du gutes Geld
  • man sollte entweder auf Softeis oder auf Waffeln stehen, sonst hat man da echt nichts zu suchen
  • …Suppe ist auch okay.