Couchsurfen - Eine Erfahrung wert

07Juli2014

Um stolz wie Oskar sein zu können, muss man in Oskarshamn wohl einiges von allem haben. Die Stadt hat genau das, was in ihrem Namen drin steckt:einen Hafen. Ansonsten: Nichts. Und sicherlich irgendwo auch noch einen Oskar, der stolz wie sich selbst mit seinem durchaus übertunten Auto durch die Gegend düst. Da können die goldenen Felgen schon mal durch drehen. Der Grund, wieso wir uns eines schönen morgens, es war der Freitag, dort hin „verirrt“ haben, war dass das eigentlich nur der Anleger der Fähre von Visby war. Und eins sollte gesagt sein, wenn du um 12:00 mittags in Oskarshamn ankommst, heißt das noch lange nicht, dass dein Reisetag gerade angefangen oder aufgehört hat. Oh nein, da kamen wir erst so richtig in Fahrt. 

 

Da in Oskarshamn einen wirklich nichts hält, auch nicht der Stolz, nehmen wir früher als geplant den Bus. Da ist alles all in clusive, sogar die Erkältung! (Jackpot! Aber ich gebe sehr gerne Erspartes in Medikamente aus, also alles kein Problem.) 

Das Problem jedoch an Schweden ist, und das sagen wirklich die Einheimischen, dass es außer Stockholm, Malmö und Göteborg, kaum andere schöne Städte gibt. Das hat man ja an Oskarshamn sehr gut gesehen! Aber wie gut, dass wir zu einen der Dreien unterwegs sind, nämlich Göteborg. 

Ganze 12 Stunden später und ohne Stimme landen wir in Göteborg. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit, die wir am Bahnhof stehen, so viele komische Menschen gesehen. Wir heimsen einen Stinkefinger auf unserer Beliebtheitsskala (wir haben echt nichts gemacht, nur interessiert geschaut, warum man ein Tuch mit aufgemalten Gruselzähnen vor dem Mund trägt) ein und fahren dann zu unserem Gastgeber. 

Da wir ja arme Schlucker sind und wir uns ein Hilton nur über Paris als billigen Track oder so leisten könnten, nehmen wir die sportlichere Variante und surfen die Couch. Und das auch noch bei einem der coolsten Typen überhaupt. Milkman macht seinem Namen alle Ehre. Im Kühlschrank  seiner Drei - Zimmer - Wohnung stapeln sich zwanzig Liter Milch in Zweiliterkanistern. Der weiße Faden geht im Wohnzimmer weiter, als eine Girlande aus 40 (ohja) Kanistern, die an der schon etwas gelblichen Wand hängen. Sehr cooler Typ, der Gute. Aber nicht nur Milch in Massen, sondern auch Couchsurfer. Wir sind nicht die Einzigen und werden auch nicht die Letzten sein. 

145, das ist meine Nummer. 145 Couchsurfer hatte Milkman in einem knappen Jahr. Es scheint schon fast wie eine Sucht. Innerhalb unseres Aufenthalts von drei Nächten lernen wir neun verschiedene  Backpacker kennen. Die Spannweite reicht von Kanada über USA, Norwegen bis hin nach Rumänien. 

Ein wichtiger Aspekt des Couchsurfens ist das Teilen. Und zwar Alles. Nicht nur Bad und Bett sondern auch deine Geschichten. Und manchmal denkt man sich so: ich bin so langweilig. Ich habe weder auf einer Farm gearbeitet, noch war ich vier Monate mit sonstigen Hippies im Wald um ein Paradis (ich hab leider nicht herausgefunden woraus genau das bestand…) zu erbauen, noch habe ich die Ambition vor meinem dreißigsten Lebensjahr 100 Länder zu bereisen. Noch viel schlimmer: Ich kann auch noch nicht vorzeigen, dass ich bereits in 60 Ländern gewesen bin. Aber, denkt man sich dann: will ich das? Bin ich das? Und dann kommt man schnell dazu, dass man auch am reisen ist, dass man auch sehr schöne Zeiten hat und dass man vielleicht nicht unbedingt ein Paradis mit Hippies bauen will. 

❤️